Wann sind bestimmte Ziele attraktiv für Sie? Was gibt Ihnen die Energie, so lange durchzuhalten, bis Sie sie realisiert haben? Welches Umfeld brauchen Sie, um gemäß Ihrer Persönlichkeitsanteile ein gutes Leben, beruflich wie privat, zu führen? Mit welchen „Typen“ setzen Sie Ihr Team zusammen, damit es gut zusammenarbeitet und sich nicht durch persönliche Unterschiede selbst zerlegt?
Verschiedene Faktoren der Persönlichkeit beeinflussen unsere Wahrnehmung, unser Denken, unsere Einstellungen und steuern unser Verhalten. Dazu gibt auf dem Markt eine Vielzahl von Theorien über das, was uns im Leben antreibt.
Ich arbeite mit meinen Kunden gern mit der Motivationstheorie nach David McClelland, einem Verhaltens- und Sozialpsychologen aus den USA und ehemaligen Professor in Harvard/Boston. Seine Theorie ist die wissenschaftlich und empirisch am besten abgesicherte Motivationstheorie der letzten 65 Jahre.
McClelland hat sich alle bis dahin existierenden Motivationstheorien angeschaut und hat die Motive auf drei Antreiber eingestampft, die unser Leben in unterschiedlicher Gewichtung prägen.
Jedem der von McClelland definierten Motive sind bestimmte Einstellungen, Denk- und Verhaltensweisen zugeordnet. Dies sind die Motive Macht, Leistung und Freundschaft.
Das Motiv Leistung
Leistungsmotivierte
- Sie wollen herausfordernde, aber realistische Ziele und ein hohes Maß an Eigenverantwortung auf dem Weg dorthin.
- Über ihren Leistungsstand wünschen sie sich eine unmittelbare und konkrete Rückmeldung und entwickeln wenig Engagement bei Routinetätigkeiten.
- Leistungsmotivierte empfinden Lob und Kritik nur dann als bedeutsam, wenn diese von Experten kommen und haben ein geringes Verständnis für menschliche Bedürfnisse
- Sie können schlecht delegieren und wählen lieber Experten als Freunde zu Mitarbeitern
Das Motiv Freundschaft
Sind Freundschaftsmotivierte die besseren Führungskräfte oder stehen sie sich mit diesem Motiv selbst im Weg?
Freundschaftsmotivierte
- Freundschaftsmotivierte treibt das Bedürfnis, freundschaftliche Beziehungen zu anderen aufzunehmen, aufrechtzuerhalten und zu pflegen. Gestörte Beziehungen möchten sie wieder gut werden lassen.
- Sie schenken den Bedürfnissen und Gefühlen anderer große Aufmerksamkeit und scheuen Konflikte mit anderen.
- Persönliche Bitten schlagen sie ungern ab und empfinden auch sachliche Kritik als verletzend.
Sie schätzen Organisationen, die durch informelle Beziehungen, einen partnerschaftlichen Umgang und eine starke Teamstruktur geprägt sind
Das Motiv Macht
Bei seinen Untersuchungen hat McClleland festgestellt, dass sich bei dem Motiv Macht die Ergebnisse teils so unterschieden, dass sie nicht in eine Kategorie zusammengefasst werden konnten. Deshalb hat er insgesamt 4 Bereiche definiert.
Und Sie werden feststellen, dass dieses Foto nur auf einen bestimmten Machttyp passt…
Die anlehnende Macht (M1)
- Bei der anlehnenden Macht erhält die Person Macht von Anderen
- Sie arbeiten gern im Dienst großer Institutionen und Organisationen unter starken, mächtigen Persönlichkeiten. Dabei passen sie sich mit Äußerlichkeiten an die Machthaber an. Sie unterstreichen gern die Gemeinsamkeiten, die sie mit den mächtigen, einflussreichen Persönlichkeiten haben.
- Bei Konflikten zeigen sie mehr Loyalität der Position als der Person gegenüber. Sie schließen sich einflussreichen Gruppierungen an und erzählen gern, wen sie alles kennen und getroffen haben
Die selbstbezogene Macht (M2)
- Bei der selbstbezogenen Macht kommt diese aus der eigenen Person, die sie nutzt, um sich selbst in den Griff zu bekommen.
- Diese Personen haben eine hohe Selbstkontrolle und -disziplin über die eigenen Emotionen und suchen Freiheit und Unabhängigkeit.
- Probleme versuchen sie selbst in den Griff zu bekommen und verabscheuen es, Vorschriften gemacht zu bekommen.
- Sie erkennen die Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der anderen an; Prestige und Besitztümer häufen sie an, um unabhängig zu sein,
Die eigennützige / personalisierte Macht (M3)
- Diese Macht kommt aus der eigenen Person, um sich über andere zu erheben
- Diese Menschen haben starke persönliche Machtziele, sind emotional unkontrolliert und zeigen anderen gern, wie klein sie sind.
- Sie wollen sich andere untertan machen und belohnen andere eher für Loyalität als für Leistung
- Selbst bei hoher Intelligenz sind sie für Schmeicheleien ungemein empfänglich.
Prestige und Besitz sammeln sie, um andere zu beeindrucken. - Sie sind häufig beratungsresistent und drängen beinhart auf die Einhaltung von Regeln. Selbst halten sie sich aber nicht unbedingt daran.
Die gemeinschaftsdienliche Macht (M4)
- Höhere Mächte geben zusätzlich Kraft, um diese zum Wohle anderer zu nutzen
- Menschen mit diesem Machtmotiv verfolgen keine oder kaum eigene Machtziele; sie stellen Eigeninteressen zugunsten von Organisationsinteressen zurück.
- Stolz darauf, einer wichtigen Sache zu dienen, helfen sie anderen, größer und stärker zu werden.
- Sie sind Gerechtigkeitsfanatiker und gehen darin auf, andere vom besseren Weg zu überzeugen.
- Den Rat von Experten akzeptieren sie.
- Nicht selten finden wir eine Mischform der Motive mit der Ausprägung in eine Richtung vor.
Haben Sie schon eine Vermutung, welches Motiv Sie antreibt? Wie wirkt sich das auf Ihr Führungsverhalten aus? Wenn Sie an Ihr Team denken: Gibt es evtl. aufgrund unterschiedlicher Motiv – Lagen den Stress, der Ihnen schon lange auf die Nerven geht? Was folgt daraus?
Fazit
Ich finde diese Theorie so hilfreich, weil sie sehr eingängig ist, ohne beliebig oder „zu leicht“ zu sein. Durch die konkreten Zuordnungen der Einstellungen, Verhaltens- und Denkweisen bekommen Sie zügig eine Vorstellung darüber, wie Ihr Gegenüber ticken „könnte“.
Die Tütelchen habe ich bewusst gesetzt. Denn ich möchte davor warnen, dass Sie die Personen um sich herum jetzt anfangen zu analysieren und in Schubladen stecken. Die menschliche Persönlichkeit ist komplex, zudem neigen wir dazu, Schubladen aufzumachen. Das ist hier nicht hilfreich.
Als Annäherung an die vielschichtigen Persönlichkeiten in unserer Umwelt empfehle ich die Auseinandersetzung mit den Motiven nach McClelland jedoch sehr.
Quellen:
Krug, J. S., & Kuhl, U. (2006). Macht, Leistung, Freundschaft: Motive als Erfolgsfaktoren in Wirtschaft, Politik und Spitzensport (1. Aufl.). Kohlhammer.
McClelland, D. C. (1996). Die Leistungsgesellschaft: Psychologische Analyse der Voraussetzungen wirtschaftlicher Entwicklung (I. Y. Wendt & G. Fleischmann, Hrsg.; Dt. Erstausgabe). Kohlhammer.
McClelland, D. C. (2009). Human motivation (Re-issued in this digitally printed version). Cambridge University Press.
McClelland, D. C., & Burnham, D. H. (2003, Januar). Power Is the Great Motivator. Harvard Business Review. https://hbr.org/2003/01/power-is-the-great-motivator
McClelland, D. C. (1978). Macht als Motiv: Entwicklungswandel und Ausdrucksformen (J. S. Krug & H. Kober, Hrsg.; 1. Aufl.). Klett-Cotta.